Haftungsansprüche von Eltern bei fehlendem Kinderbetreuungsplatz

Haftungsansprüche von Eltern bei fehlendem Kinderbetreuungsplatz

Nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) hat ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet
hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche
Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich am 20.10.2016 in mehreren Entscheidungen
mit der Frage zu befassen, ob Eltern im Wege der Amtshaftung den Ersatz ihres
Verdienstausfallschadens verlangen können, wenn ihren Kindern entgegen
der Vorschriften aus dem SGB ab Vollendung des ersten Lebensjahres vom zuständigen
Träger der öffentlichen Jugendhilfe kein Betreuungsplatz zur Verfügung
gestellt wird und sie deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können.

In den 3 Fällen beabsichtigten die Mütter jeweils nach Ablauf der
einjährigen Elternzeit ihre Vollzeitberufstätigkeit wieder aufzunehmen.
Unter Hinweis darauf meldeten sie für ihre Kinder wenige Monate nach der
Geburt bei der Stadt Bedarf für einen Kinderbetreuungsplatz für die
Zeit ab der Vollendung des ersten Lebensjahres an. Zum gewünschten Termin
erhielten sie keinen Betreuungsplatz nachgewiesen.

Für den Zeitraum zwischen der Vollendung des ersten Lebensjahres ihrer
Kinder und der späteren Beschaffung eines Betreuungsplatzes verlangen die
Mütter Ersatz des ihnen entstandenen Verdienstausfalls.

Der BGH hat in allen 3 Fällen das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung
bejaht. Eine Amtspflichtverletzung liegt bereits dann vor, wenn der zuständige
Träger der öffentlichen Jugendhilfe einem anspruchsberechtigten Kind
trotz rechtzeitiger Anmeldung des Bedarfs keinen Betreuungsplatz zur Verfügung
stellt.

Die betreffende Amtspflicht ist nicht durch die vorhandene Kapazität begrenzt.
Vielmehr ist der verantwortliche öffentliche Träger der Jugendhilfe
gehalten, eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen
oder durch geeignete Dritte – freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen
– bereitzustellen. Insoweit trifft ihn eine unbedingte Gewährleistungspflicht.

Die Richter führten aus, dass diese Amtspflicht auch den Schutz der Interessen
der Eltern bezweckt. In den Schutzbereich der Amtspflicht fallen dabei auch
Verdienstausfallschäden, die Eltern dadurch erleiden, dass ihre Kinder
keinen Betreuungsplatz erhalten.